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Botschaft zur Fastenzeit 2017 von seiner Eminenz Erzbischof Johannes von Chariopolis, Exarch des ökumenischen Patriarchen

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An den Klerus, die Mönche, die Monialen und die Gläubigen des Exarchat-Erzbistums der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa

Lieber Väter, in Christus geliebte Brüder und Schwestern,

Die Fastenzeit, in die wir in diesen Tagen eintreten, ist ein dringlicher Aufruf zu jener bedeutsamen Umkehr des Herzens, die das Leben nach dem Evangelium bedingt. Damit das Leben Christi in uns wachsen kann, heißt es, Stück für Stück alles Hinderliche hinwegzunehmen, das an das Ich gefesselt ist. Die Askese erscheint hier als das sicherste Mittel im Kampf gegen alle Arten des Todes, die mit unserer Existenz verbunden sind. Sie ist ein in uns wirksamer Widerpart gegen alle Schattenbereiche, die dem Licht der Auferstehung gestattet, unser Sein zu durchfluten, unsere Wunde vernarben zu lassen und uns von all jenen Krankheiten zu heilen, die mit unseren Egoismen zusammenhängen. Die Askese sucht nicht Verdienste oder eine Befolgung von Verhaltensmustern, wie viel zu oft glauben gemacht wird. Nein, denn die die Askese hat nur ein einziges Ziel: zur persönlichen Begegnung mit Christus zu befähigen, den Menschen authentisch teilhaben zu lassen am Leben des Auferstandenen. Die echte christliche Askese findet sich in den Seligpreisungen, die unsere Väter die "Gebote Christi" nennen. Die Askese konfrontiert uns mit den Götzen, den Leidenschaften, die das wahre Leben überdecken. Sie erlaubt uns, die wahre menschliche Natur in Christus aus der Gnade heraus wiederherzustellen.

Unsere Natur, geschaffen aus Fleisch und Geist-Seele, ist gleichzeitig menschlich und nicht-menschlich, da erschaffen 'nach dem Bild Gottes und ihm ähnlich'. Sie ist zugleich das, was wir sind, und das, was wir sein sollten. Die Natur des Menschen ist als Fleisch durchdrungen von Energien seiner Person, die mit dem Urbild verbunden sind. Doch die Natur kann zur "Widernatur" werden, wenn sie sich selbst überlassen bleibt. Ohne die Hilfe jener Energien wird sie sich selbst zum Maß aller Dinge und schlägt den Weg ins Nichts ein. Die Askese erlaubt uns, diese "Autonomie" des Fleisches zu bekämpfen, damit die Energien ihre wahre Bestimmung finden, wenn sie sich entfalten: das ist die Vereinigung mit den göttlichen Energien in der Vereinigung mit Christus, der vollkommenen Ikone der Gottmenschlichkeit, die gedacht ist - wie es der hl. Maximus Confessor sagt - durch "den Großen göttlichen Ratschluss". Es ist ersichtlich, dass die Askese hier nicht einfach nur ein Kampf des Willens und der moralischen Anstrengung ist, da jedes Gesetz zweitrangig ist. Die Askese, wie sie unsere Väter beschreiben, ist eine Anstrengung des ganzen Wesens, um empfänglich für die Gnade zu werden, die wahre Bestimmung und das wahre Gesetz des Menschen. Das Fleisch und der Geist müssen mit Leben erfüllt werden, um sich mit Licht anfüllen zu können. Die Askese bedeutet daher, sein Leben auszurichten, auf dass es Stück für Stück von diesem Licht durchdrungen wird. Die menschliche Anstrengung wird hierbei von der Gnade getragen und Gott selbst schenkt dem empfänglichen und danach verlangenden Menschen seine Energien.

Die Fastenzeit macht uns den körperlichen Aspekt der Askese bewusst. Die wirkliche Erkenntnis Gottes, bildlich ausgedrückt im Brautgesang des Hohenliedes, fordert die Seele und den Leib. Die Askese ist die Verwirklichung dieser Hochzeit in der Demut jener Begegnung vom (göttlichen) Bräutigam und seiner Braut. Unser ganzer fastenzeitlicher Gottesdienst stellt uns das Fasten als Mittel vor Augen, das ungezügelte Verlangen zu meistern, um sich der Beziehung zu Gott bewußter zu werden. Das Fasten erlaubt uns, uns der Materie nicht wie ein Raubtier zu nähern, sondern als eucharistischer Mensch, dessen Leben eine unausgesetzte Danksagung ist. Das erste Abweichen vom Weg, so sagt uns Romanos der Melode, geschah nicht umsonst durch das Essen, durch den Genuss der Welt, ohne Dank zu sagen. Das heißt: man hat für sich selbst genommen und die Gabe eben nicht durch den Dank verwandelt. Das Fasten bedeutet auch die Erwartung des Bräutigams. Wer fastet, kleidet sich in die Demut Christi, um bewußt Christus, den Auferstandenen, anzuziehen, dem er in der Osterfreude begegnen wird und den er in jeder eucharistischen Begegnung sieht. Die Fastenzeit, so sagt uns der hl. Andreas von Kreta, ist ein "strahlendes Festmahl", denn der Mensch wird satt vor allem "durch jedes Wort, das aus Gottes Mund kommt". - Das echte Fasten wird unsere vielfältigen Beziehungen zu Gott, zu unserem Nächsten, zur Welt und zu uns selbst verändern. Alles wird in der Vertikalen wahrgenommen, also in seiner Wahrhaftigkeit, in seiner unmittelbaren Beziehung mit den göttlichen Energien, die in allen Dinge durchscheinen, und zwar in dem Maß, wie wir unsere eigene Empfänglichkeit vertieft haben. Der Mensch soll durch das Fasten die göttliche Weisheit hervorsprudeln lassen, die ein jeder Sache eingeschlossen ist.

Die Enthaltung von Blut und Fleisch ruft uns unsere wirkliche Berufung in Erinnerung. Sie besteht darin, immer und überall Leben zu schenken und das Leben offenbar werden zu lassen. "Mäste nicht deine Sinnlichkeit, beende diese Morde und Selbstmorde, zu denen die Suche nach sinnlichen Vergnügungen unwiderruflich führt. Reinige und regeneriere deinen eigenen Leib, um dich vorzubereiten auf die Verklärung des allumfänglichen Leibes" schreibt V. Soloviev in den Geistlichen Grundlagen des Lebens. Das bedeutet, dass das Fasten danach strebt, unsere Beziehungen mit dem Äußeren wiederherzustellen und dass es uns ein wirkliches Gleichgewicht des Lebens zurückgeben möchte.

Allerdings ist simples Fasten, ein bloßer Verzicht auf Essen, unnütz, denn jenes Fasten muss begleitet sein von dem, was ihm erst seine ganze Kraft verleiht: das geistliche Fasten. Dieses Fasten bedeutet, dass wir all das hinter uns lassen, durch das wir der Schöpfung, dem Mitmenschen und uns selber Schaden zufügen. Wir sollen fasten und ablassen von den Leidenschaften, die in uns wohnen, und von der Sünde, die uns beschränkt. Wir sollen ebenso fasten in der Machtausübung, indem wir den Sinn des Dienens wiederentdecken. Wir sollen fasten von der menschlichen Ehrsucht, indem wir uns in Demut üben. Die Väter sagen uns, dass wir auch unseren Verstand fasten lassen sollen, um uns nicht in jene sinnlosen Spekulationen zu verstricken, die am Ende nur den Hochmut der Erkenntnis sich erheben lassen.

All das fasst das Gebet des hl. Ephrem zusammen, das für uns der sicherste Wegweiser in dieser Fastenzeit sein wird. Wir sollen es Tag für Tag in unsere Herzen aufnehmen und es in unseren Körper einschreiben durch die Metanien, die es begleiten. Dieses Gebet, das Almosen für den Armen, das Wachen in den Gottesdiensten: all das wird uns gestatten, "den Bräutigam, der um Mitternacht kommt", zu empfangen, wenn wir es intensiv leben, wie es uns der Tropar am Großen und Heiligen Montag in Erinnerung ruft. Dann werden wir, gleich den klugen Jungfrauen, in das Brautgemach eintreten und am strahlenden Festmahl der Hochzeit des Lammes teilnehmen, wenn wir seine Auferstehung schauen.

"Beginnen wir dieses Fasten voller Freude, licht geworden durch die Gebote Christi, unseres Gottes, im Aufstrahlen der Liebe und im Glanz des Gebets, in der Reinheit des Herzens und der Kraft der Starken, um in edelster Verfassung der heiligen Auferstehung am dritten Tag entgegenzueilen, die über das ganze All ihren unsterblichen Glanz ergießt."

(Morgengottesdienst am Montag der ersten Fastenwoche, 3. Kathisma)

Brüder und Schwestern, Euch allen wünsche ich ein gutes und wahrhaftes Großes Fasten, Euch alle bitte ich demütig um Vergebung für all das, was Euch vielleicht in meinem Handeln verletzt hat, und ich bitte einen jeden von Euch um sein inbrünstiges Gebet.

† Erzbischof JOHANNES von Chariopolis, Patriarchal exarch der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa Paris, am 25. Februar 2017


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